Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapie (VT) ist heute eines der einflussreichsten und bekanntesten Therapieverfahren zur Behandlung psychischer Störungen. Es handelt sich um ein wissenschaftlich anerkanntes Psychotherapieverfahren, welches beständig empirischer Prüfung unterworfen wird. Diese Art der kritischen Selbstreflexion und der Anspruch, Behandlungsangebote auf eine Basis zu stellen, die dem jeweiligen Stand wissenschaftlicher Forschung entspricht, unterscheiden die Verhaltenstherapie von anderen psychotherapeutischen Schulen. Ihre Wirksamkeit ist durch viele Untersuchungen belegt worden, sie wurde in mehr kontrollierten Ergebnisstudien geprüft als jede andere therapeutische Vorgehensweise. Das ist vor allem angesichts der steigenden Nachfrage nach evidenzbasierten Therapien von besonderer Wichtigkeit. Verhaltenstherapie arbeitet sowohl effizient als auch ursächlich, wirkt nachhaltig und ist kostengünstig im Vergleich zu vielen medizinischen Behandlungen. Für eine große Anzahl der psychischen Erkrankungen ist die Verhaltenstherapie nachgewiesenermaßen die erfolgreichste Therapiemethode beim gleichzeitig relativ geringen zeitlichen und finanziellen Aufwand.

Die leider völlig unzutreffende Bezeichnung “Verhaltenstherapie” legt nahe dass es dabei ausschließlich um die Änderung von Verhaltensauffälligkeiten oder- Defiziten geht, das ist jedoch nicht der Fall. Bei der Kognitiven Verhaltenstherapie geht es in erster Linie um die Diagnose und die Therapie emotionaler Probleme.

Verhaltenstherapie kommt, im Gegensatz zu anderen Therapieschulen, ganz ohne intensive Ausrichtung auf eine Gründerfigur und damit einhergehende starre und unbeugsame Konzepte aus. Sie befindet sich in einem kontinuierlichen Wandel, wobei es gerade in den letzten Jahren vermehrt zu einer konzeptuellen Ausweitung der theoretischen Grundlagen und zur stärkeren Konzentration auf die konkreten Anforderungen in der Praxis gekommen ist. Ein neuer, von mir oft angewendeter Ansatz im Rahmen verhaltenstherapeutischer Interventionen ist die von Jeffrey Young und Kollegen entwickelte Schematherapie. Es handelt sich um eine integrative Therapie, die Konzepte der kognitiven Verhaltenstherapie um emotions- und erlebnisfokussierte Elemente erweitert und darauf abzielt, chronische emotionale Probleme zu lindern und dysfunktionale Lebensmuster zu durchbrechen.

Das wichtigste Merkmal der Verhaltenstherapie ist das Schlüssel-Schloss-Prinzip: der Ablauf passt sich dem Beschwerdebild und den Bedürfnissen der PatientInnen an. Dem Therapeuten steht dabei ein sorgfältig evaluiertes Repertoire sowohl an störungsspezifischen als auch störungsübergreifenden Methoden zur Verfügung, das in den individuellen Behandlungsplan eingebaut wird und kognitive, emotionale und die Verhaltensebene verbindet. Das wären zum Beispiel sogenannte kognitive Methoden, die dem Patienten helfen eine langfristige „Umstrukturierung“ des Denkens zu erreichen, verzerrte, dysfunktionale Muster im Denken aufzuspüren, zu verändern und dadurch sein eigener Therapeut zu werden. Emotionsfokussierte Methoden beschäftigen sich mit der direkten, erlebnisorientierten Arbeit an problematischen Emotionen (z.B. Imaginationsübungen, Rollenspiele) und der Förderung der Wahrnehmung, aber auch der Regulierung von Emotionen. „Klassische“ verhaltenstherapeutische Methoden wie verschiedene Konfrontationsverfahren (direkte, aber behutsam vorbereitete, reale Konfrontationen mit schwierigen Situationen oder Konfrontationen in der Vorstellung), Entspannungsverfahren, etc. kommen, falls es die individuelle Fallkonzeption erfordert, ebenfalls zum Einsatz.

Verhaltenstherapie versucht vor allem Hilfe zur wirksamen Lebensgestaltung zu vermitteln und Autonomie und Selbstverantwortung zu fördern. Daher ist sie problemorientiert und zielgerichtet. Die Ziele ihrer Interventionen orientiert die Verhaltenstherapie an den Bedingungen, die vorausgehend, auslösend oder aufrechterhaltend für das Problemverhalten sind bzw. waren. Transparenz wird ebenfalls sehr groß geschrieben: Verhaltenstherapie beruht auf dem Prinzip des “kollaborativen Empirismus”: Klient und Therapeut sind gleichberechtigte Partner, da der Klient als Experte seiner Denk-, Erlebens- und Verhaltensmuster gilt. Aktive Beteiligung des Klienten ist also erforderlich. Dadurch ermöglicht die Verhaltenstherapie dem Patienten eine gleichberechtigte Rolle bei der Behandlung seiner Störung.  

Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Psychotherapieschulen ist es auch, dass die Verhaltenstherapie die Übertragbarkeit der in der Therapiesituation erarbeiteten Fähigkeiten in das „reale“ Alltagsleben anstrebt. Sie vertritt die Einstellung dass die Einsicht in den Kern der Problematik (also das was ungünstig oder falsch gelaufen ist) alleine nicht ausreicht um die gegenwärtigen Probleme zu lösen.

Eine tragfähige, positive Therapeut/Patient Beziehung-gekennzeichnet von Offenheit, Vertrauen, Respekt und guter Zusammenarbeit – bildet für das gesamte Methodenrepertoire der Verhaltenstherapie das unverzichtbare Fundament. Um einen der Pioniere der Verhaltenstherapie zu zitieren : “The importance of relationship between patient and therapist is the single factor which seems most relevant in the outcome of behavior therapy…You will get further with a patient with a good therapeutic relationship and a lousy technique, than you will with good technique and a lousy relationship.” (Meyer, quoted in Brunch and Bond, 1998, p.141)

Weitere Informationen über Verhaltenstherapie  können Sie auf der Homepage der Österreichischen Gesellschaft für Verhaltenstherapie nachlesen.